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Polen ist in Europa für niemand ein Partner

Ein Interview mit Jana Puglierin. Von Jakub Bodziony · 24 January 2022

Polen hätte einen wesentlich größeren Einfluss auf das Geschehen in der EU, wenn es sich wirklich in die Arbeiten an deren Agenda engagieren würde. Es bedeutet absolut nicht, dass Polen mit allem einverstanden sein und eine servile Einstellung gegenüber Deutschland einnehmen sollte. Leider kann momentan die Regierung in Warschau für niemand ein Partner sein, denn sie zeigt kein konstruktives Engagement.

Jakub Bodziony: Die antideutsche Rhetorik gehört zu den Grundlagen der polnischen Außenpolitik. Das gehört zum innenpolitischen Kalkül und taucht mehrmals in den Aussagen im Regierungslager sowie im Narrativ der regierungstreuen Medien auf. Wird dieses Phänomen in Berlin wahrgenommen? 

Jana Puglierin: Sicherlich wird das wahrgenommen und die deutsche Regierung ist deswegen besorgt. Vor 2015, insbesondere wenn man die soziale Ebene betrachtet, verbesserten sich die Beziehungen zwischen Polen und Deutschen. Aufmerksam beobachte ich die Arbeit von Agnieszka Łada von dem Deutschen Polen-Institut in Darmstadt. Der Stimmungsbarometer, den sie in jener Zeit veröffentlichte, war ein Beweis dafür, dass diese Verhältnisse immer stabiler wurden. Es kamen sehr positive Kontexte und Empfindungen durch.

Ihre neuesten Studien geben Ergebnisse des Narrativs wider, das vom Regierungslager kommt. Die Verhältnisse verschlechtern sich auf allen Ebenen. Es geht nicht nur um die Beziehungen zwischen den Regierungen, sondern auch darum, wie viele Polen heute Deutschland wahrnehmen.

Hat sich auch die Wahrnehmung der Polen in Deutschland geändert? 

Mit Sicherheit, obwohl wir kein Spiegelbild dessen beobachten, was in Polen passiert. Die Maßnahmen der polnischen Regierung oder das vor kurzem gefällte Urteil des Verfassungsgerichtshofs werden in Deutschland breit diskutiert, doch die deutsche Regierung hält sich mit der Kritik der polnischen Behörden zurück.

Derzeitig ist kein polnisches Narrativ von Seiten der Regierung festzustellen, es kommen aber sehr viele kritische Beiträge in der Presse. Wir beobachten diese allgemeine Verschlechterung in den deutsch-polnischen Beziehungen.

Wirkt sich das direkt auf die deutsche Polenpolitik aus?

Dieser Einfluss ist recht subtil. Insbesondere setzte die Kanzlerin Angela Merkel auf Dialog und wollte Konfrontation vermeiden. Ihr Verhalten war auch ein Teil der langjährigen Tradition der Bundesregierung, die sich mit der Kritik Polens zurückhielt.

Die Frage der deutsch-polnischen Beziehungen wird in Berlin immer noch als sehr heikel gesehen. Eben deswegen nutzt Deutschland seit immer Brüssel als Mittelsmann, wenn es darum geht, Kritik etwas offener zu kommunizieren. Bedenken werden gegebenenfalls bei bilateralen Begegnungen, hinter verschlossenen Türen, geäußert. Bisher wurde schwerpunktmäßig versucht, Polen erneut einzubinden.

Der künftige Kanzler wird der Sozialdemokrat Olaf Scholz. Was bleibt von dem Narrativ übrig, das von der Christdemokratin Angela Merkel vertreten wurde? 

Ich glaube, Scholz wird gegenüber Polen sehr pragmatisch sein, was dabei helfen soll, eine Lösung zu finden, bei der weitere Vereinsamung Warschaus verhindert wird. Die Rolle des deutschen Kanzlers besteht darin, auf Inklusion zu setzen und Brücken zu bauen  – Scholz ist sich dessen bewusst.

Was aber die ganze Koalition angeht, dann glaube ich, dass sich die Sprache und die Einstellung ändern werden. Die Grünen, die mit der EU zusammenarbeiten, äußerten sich schon seit einiger Zeit kritisch über Warschauer Regierung. Ihre Rolle als Opposition war es, deutsche Regierung wegen der nicht genug entschlossenen Reaktion zu kritisieren.

Wird sich ihre Position ändern, wenn sie in der Regierung sind? 

Sie werden zumindest innerhalb der Koalition Druck auf mehr Entschlossenheit in der Ausdrucksweise ausüben und anregen, sich den Problemen zu stellen und sie nicht auszusitzen. Die Grünen möchten sicherlich, dass Deutschland ihre Rolle in der UE effizienter nutzt.

Die Liberalen von der FDP werden, als zweiter Koalitionspartner, sicherlich die Bedeutung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit betonen. Der neue Kanzler wird versuchen, diese Positionen in Gleichgewicht zu bringen, aber Deutschland wird ganz bestimmt weniger Geduld aufbringen als jetzt.

Ich glaube, dass es zu einer stärkeren Abkühlung der Beziehungen zu Ungarn kommen kann. Früher gab es zwischen der Bundeskanzlerin Merkel und Viktor Orbán eine zusätzliche Schnittstelle – Europäische Volkspartei. Nun hat Scholz diese Beschränkung nicht, vielleicht deswegen kann er entschlossener gegen Budapest vorgehen.

Bleiben wir für eine Weile Halt bei dem deutschen Pragmatismus stehen. Die PiS-Regierung führt zur Schwächung der polnischen Position in Europa. Ist es Berlin nicht günstig? Wenn Warschau partnerschaftliche Beziehungen fordert, muss Deutschland polnische Interessen berücksichtigen. Jetzt kann sich Berlin auf rituelle Entschuldigungen für schwierige Geschichte beschränken und sein Ding pragmatisch weitermachen, wie es im Falle von Nord Stream 2 ist. 

Selbstverständlich wird die Bundesregierung keinen Wahlkampf für polnische Opposition machen, mit scheint es aber selbstverständlich, dass Deutschland lieber ein Polen bevorzugen würde, das wir aus der Zeit vor 2015 in Erinnerung haben – in der Rolle eines Partners.

Damals wurde die Zusammenarbeit im Rahmen des Weimarer Dreiecks stark betont. Jetzt hat dieses Format seine Funktion gänzlich verloren. Im Rahmen der Europäischen Union sehen wir kein konstruktives Engagement Polens. Nicht einmal bei den Projekten, bei denen man Warschau sehr bräuchte und wo Warschau Deutschlands Unterstützung bekäme.

Zum Beispiel? 

Meine Schwerpunkte sind Sicherheit und Verteidigung. „Strategischer Kompass”, den wir jetzt entwickeln, ist ein Projekt, welches während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gestartet wurde und während der französischen Ratspräsidentschaft endet. Das Ziel besteht darin, der EU ein Narrativ vorzuschlagen, wie sie zum Akteur in Sicherheitsfragen werden und die einzelnen Mitgliedstaaten verteidigen könnte. Uns begegnete enormer Widerstand Polens. Viel größerer, als es etwa bei den baltischen Staaten der Fall war.

Weil es eine Schwächung der NATO ist?

Ich verstehe die Kritik betreffend Aufbau eines NATO-Duplikats. Genauso verstehe ich Kontroversen um die Souveränität der jeweiligen Staaten. Es geht mir aber darum, dass wir hier nur Kritik ernten. Weder alternative Ideen, noch die Bereitschaft, an solchen zu arbeiten.

Durch das Gebaren der polnischen Regierung steht Deutschland zwischen den Fronten und kann nicht viel machen. Wenn wir die Kraftverteilung in Europa betrachten, würde es Berlin schon daran liegen, einen starken Partner wie Warschau zu haben. Leider ist momentan die Regierung in Warschau nicht in der Lage, partnerschaftliche Beziehungen aufzubauen, da sie kein konstruktives Engagement zeigt.

Naja, aber jetzt braucht man sich mindestens wegen der Meinung in Warschau keine Sorgen zu machen. 

Wir können reden, dass es nun Deutschland einfacher hat, dass die Entscheidungen und die Worte polnischer Politiker es erleichtern, wenn man ihnen die Niederlage zu Lasten legt. Ich halte es aber für kurzsichtig. Sie haben Nord Stream 2 erwähnt… Persönlich bedaure ich diese Entscheidung sehr. Das war ein großer Fehler.

Dieses Projekt stellt in Polen die Achse bei fast jedem Gespräch über deutsch-polnische Beziehungen dar. In einer jeden Expertendiskussion wird die zweite Linie dieser Gaspipeline erwähnt und es wird argumentiert, dass Absprachen mit Moskau gegen die Interessen Polens und der gesamten UE getroffen werden. 

Eben deswegen glaube ich, dass es so schädlich war. Selbstverständlich lag die Entscheidung letztendlich bei Angela Merkel, aber ursprünglich war es die Idee der Sozialdemokraten von der SPD, die bis heute nicht in der Lage sind, dieses Projekt zu kritisieren.

Und nun kommt die SPD zurück an die Macht.

Ja, ich glaube, es wird eine weitere Komplikation zwischen Berlin und Warschau darstellen. Viele Personen befürchten in Deutschland, dass PiS nicht die Absicht hat, die Lage zu deeskalieren. Das lässt den Deutschen nicht viel Spielraum übrig. Wir haben das Gefühl, dass die Regierung in Warschau von Tag zu Tag radikaler wird und das ist ein Grund zur Sorge. Unter Merkel war die Akzeptanz für einen weiteren Austritt aus der Union ein Tabu, deswegen konkurrieren hier zwei Ansätze.

Einerseits gibt es das Narrativ über die proeuropäische polnische Gesellschaft. Ein Teil der Beobachter nimmt an, dass sich die PiS-Partei wegen ihres EU-skeptischen Narrativs u.U. einer Wahlniederlage nähern kann. Andererseits gibt es auch solche, die starkes antideutsches und antieuropäisches Narrativ erkennen. Sie erinnern daran, dass alle geglaubt haben, in Großbritannien würde letzten Endes der Verstand gewinnen. Dem war nicht so.

Wird ein Narrativ in der Politik lange genug wiederholt, entsteht die Gefahr, dass es sich endlich beheimatet. Es wird befürchtet, dass Polen abspringt. Die Menschen sind richtig besorgt.

Und welche Antworten darauf gibt es?

Eine Antwort besagt, dass man die polnische Regierung nicht übermäßig kritisieren soll, denn damit werden europafreundliche Polen antagonisiert. Laut der zweiten erwartet die europafreundliche Gemeinschaft eine Intervention in Sachen Rechtsstaatlichkeit, Justizreform usw.

Welches dieser Narrative hat momentan Oberhand?

Die Diskussion darüber, welche Einstellung gegenüber der jetzigen Regierung in Polen anzunehmen wäre, dauert immer noch an. Alle überlegen, wie man die polnische Opposition unterstützen sollte, damit es nicht als direkte Einmischung in die polnische Politik wahrgenommen wird.

Wir haben unlängst eine Debatte organisiert, in der wir nachgedacht haben, ob Polen u.U. Recht haben kann. Auch in Deutschland gibt es Menschen, die nicht der Auffassung sind, das Urteil des polnischen Verfassungsgerichtshofs würde sich stark von den früheren Urteilen der deutschen Gerichte unterscheiden. Diese Diskussion wird auch unter den Wissenschaftlern geführt. Können wir Polen mindestens teilweise Recht geben, oder wird damit eher das Narrativ von PiS bekräftigt. Es ist eine sehr rege und schwierige Diskussion.

In der polnischen Politik gibt es zwei allgemeine Konzeptionen betreffend Polen in Europa. Die erste wurde durch die frühere Regierung vertreten, sie ging von einer Zusammenarbeit mit Frankreich und Deutschland aus und zielte auf den Versuch ab, in der ersten Liga zu spielen. 

Die PiS-Partei schlägt eine alternative Idee vor. Sie behauptet, Polen hätte früher servile Stellung gegenüber Westen eingenommen. Nach Auffassung der Regierung sollten wir eine eigene Koalition aufbauen und sie anführen, denn die Zusammenarbeit mit Deutschland wird immer als asymmetrisch gesehen. Unabhängig davon, wie wir es darstellen, wird sie nie als eine Beziehung von gleichberechtigten Partnern wahrgenommen.

Das von Ihnen Erwähnte umfasst weitere Komponenten aus dem PiS-Narrativ: Polen aus den Knien aufstehend, positive Veränderungen verdrängend, die dank der Zusammenarbeit mit Deutschland im Rahmen der EU erzielt wurden.

Es gibt Gründe, Deutschland dafür zu kritisieren, dass seine Außenpolitik zu wenig inklusionsorientiert war und die Konsultationen zu selten stattfinden. Die Antwort darauf wäre aber konstruktive Arbeit an den deutsch-polnischen Beziehungen. Derzeit führt die polnische Regierung gemeinsam mit Orbán das Lager der Störenfriede an. Sie sind zwar gegen viele Ideen, schlagen aber keine Alternativen vor.

Polen hätte einen wesentlich größeren Einfluss auf das Geschehen in der EU, wenn es sich wirklich in die Arbeiten an deren Agenda engagieren würde. Es bedeutet absolut nicht, dass Polen mit allem einverstanden sein und eine servile Einstellung gegenüber Deutschland einnehmen sollte. Diese Einstellung klang in der Arbeit am vorgenannten „Strategischen Kompass” klar durch. Das Narrativ mit der Botschaft „wir wollen dies und jenes nicht” ist anstrengend. Da kommt nichts mehr, keine weitere Idee.

Foto von mati-foto, die Quelle: pixabay;

Was wäre – in Berlins Augen – das ideale Szenario für Polen?

Ununterbrochen schallt die Sehnsucht nach der Vergangenheit. Nach einer Beziehung, die Deutschland und Polen vor 2015 hatten. Alle erinnern sich daran, als Radek Sikorski in Berlin sagte, er habe mehr Angst vor einem schwachen als vor einem starken Deutschland.

Diese Aussage kehrt auch immer wieder im öffentlichen Diskurs zurück. In den Medien wird dieser Beitrag mit dem Kommentar abgespielt: „Wollt ihr enge Zusammenarbeit mit Deutschland? Dann wollt ihr bedingungsloses Lob auf Deutschland”. 

In seine Rede hat er aber Deutschland nicht gelobt. Es war auch kein Ausdruck des Gehorsams. Im Gegenteil, Sikorski kritisierte Deutschland für den unzureichenden Führungseinsatz in Europa.

Es war eine Zeit, als Polen wesentlich mehr Einfluss in der Union hatte. Es arbeitete eng mit der schwedischen Regierung an der Ausgestaltung der Ostpartnerschaft zusammen. Polen wurde als geschätzter Partner für die Entwicklung von diversen Strukturen wahrgenommen und nicht als ein Land, das diese nur demontiert. Ich weiß aber, dass es unrealistisch wäre, die Rückkehr zu dem vorzuschlagen, was es einmal gab. Ich hoffe nicht darauf, dass Radek Sikorski erneut in der Regierungsbank sitzt, da stimmte etwas in der deutsch-polnischen Beziehung nicht. Sonst wäre PiS an die Macht nicht gekommen.

Das heißt? 

Ich weiß, dass Jarosław Kaczyński sein politisches Kapital nicht mit der Außenpolitik gemacht hat, dass der Schwerpunkt innenpolitisch, in der Sozialpolitik gesetzt wurde. Dennoch zeigt es uns, dass unsere deutsch-polnischen Beziehungen neu gedacht werden müssen.

Das Problem liegt in der enormen Polarisation, die sich in Polen breit gemacht hat. Hier hoffen alle auf einen Sieg von Donald Tusk. Gleichzeitig weiß ich, dass es für die Hälfte der Polen das schlimmstmögliche Szenario ist. Das führt dazu, dass die Lage so kompliziert ist, und zwar nicht nur für Deutschland, aber auch für alle anderen europäischen Länder. Man muss über Polen wie über ein zweigeteiltes Land denken. Jetzt haben wir in Wirklichkeit zwei Polen.

Man kann eine Verständigung mit einem Lager aufbauen, aber man muss damit rechnen, dass dies den völligen Verlust dieses zweiten Lagers bedeutet. Ich würde mir sowohl für mich als auch für Polen jemand wünschen, dem es gelingt, diese zwei Gruppen aufgrund konstruktiver Zusammenarbeit und nicht der weiteren Destruktion zu vereinen.

Das könnte dazu führen, dass Polen wieder zu einem bedeutenden Player in Europa wird. Polnische Agenda könnte auf konstruktiver Kritik vieler Bestandteile der Union stützen. Ich hoffe, dass es in der europäischen Struktur Platz für eine solche Vielfalt gibt. Sicherlich gibt es aber keinen Platz für Anfechtung fundamentaler Ansätze, die die Mitgliedstaaten verbinden. So ein Modell läuft nicht zum Vorteil von Warschau.

Und wenn sich die Lage nicht ändert oder wenn sie in eine noch schlimmere Richtung eskaliert? Wird Polen als Leiter im Lager der Europaskeptiker belassen und aus der weiteren Integration ausgeschlossen, die dann unter den übrigen Mitgliedstaaten erfolgen könnte?

Ich glaube, dass in der Zukunft die Integration auf diversen Ebenen in kleineren Gruppen von Staaten erfolgen wird. Nicht nur aus Polens Verschulden. Von einem EU-Ausschluss Polens ist nicht die Rede, das muss klar gesagt werden. Ebenfalls glaube ich nicht, dass es einen juristischen Mechanismus gibt, Polen zum EU-Austritt zu zwingen, wenn sich die polnische Regierung entscheidet, in der EU bleiben zu wollen.

Seit Langem leben wir mit radikalisiertem Ungarn. Das wirkt sich auf das ganze EU‑Projekt aus und es muss an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Wo es möglich sein wird, wird sich die Integration in kleineren Gruppen entwickeln, das wird geschehen. Wären solche Initiativen im Sinne der Verträge nicht zulässig sein, dann würden sie sich außerhalb des EU-Rahmens entwickeln.

Deutschland liegt es daran, die EU als Ganzes aufrechtzuerhalten. Sollte es aber nicht gelingen, die jetzige Arbeitsweise der EU aufrechtzuerhalten, dann muss nach neuen Lösungen gesucht werden. In einigen Bereichen ist es schon Realität – Urteile polnischer Gerichte werden durch Gerichte anderer Mitgliedstaaten nicht anerkannt. Wenn das Vertrauen in die mit Polen abgeschlossenen Verträge anfängt zu bröckeln, wird es sehr ernste Konsequenzen haben.

Wie wird in Deutschland die Krise an der polnisch-belarussischen Grenze kommentiert? Polnische Regierung bekräftigt, dass sie die EU-Außengrenze und indirekt auch die deutsche Grenze schützt. Gleichzeitig weigert sie sich, EU-Unterstützung, die in Polen als die deutsche Unterstützung gesehen wird, anzunehmen, um zu zeigen, sie brauche die Europäische Union nicht. Eine internationale Krise wird wieder einmal in das innenpolitische Narrativ eingespannt. 

Momentan gibt es in Deutschland viel Sympathie gegenüber Polen, das sich einer vom belarussischen Diktator hervorgerufenen Krise stellen muss. Den Menschen ist es bewusst, dass die Migranten nach Minsk einfach geholt werden. Damit werden die Menschen zu Gegenständen gemacht, die gegen Polen und gegen die gesamte Europäische Union eingesetzt werden. Gleichzeitig wird auch gesehen, dass die polnische Seite zu Pushbacks zurückgreift und diese Menschen nach Belarus zurückdrängt.

Das wird als ein Problem der gesamten Europäischen Union verstanden, deswegen versucht auch Deutschland eine Lösung dieser Krise zu finden.

Von einer Wiederholung der Migrationskrise 2015 ist allerdings nicht die Rede. 

Europäisches Recht setzt sich diesbezüglich seit Langem mit sehr ernsten, systemischen Problemen auseinander. Ich bedaure es sehr, aber in den letzten paar Jahren haben es immer mehr EU-Länder akzeptiert, dass ihre Bürger keine Flüchtlinge mehr aufnehmen wollen. Die Idee der „Festung Europa” hat sich in vielen Köpfen nach 2015 fest etabliert.

Niemand will die schrecklichen Bilder aus dem Ausland sehen, aber in den westlichen Gesellschaften gibt es sehr viel Angst im Zusammenhang mit der Migration.

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Herausgegeben aus Mitteln der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit.